Soziale Verantwortung braucht ein Regelwerk – gerade in Krisenzeiten

Bank für Kirche und Diakonie fordert gemeinsam mit Unterstützern aus Kirche und Diakonie zügigen Beschluss der sozialen Taxonomie

Datum: 30. Mai 2022

Zwingen der Krieg und seine Folgen zum Umdenken, zum Beispiel bei der Energieversorgung, oder bewährt sich gerade jetzt eine werteorientierte Grundhaltung? Für die Bank für Kirche und Diakonie (KD-Bank) steht die Antwort fest. Selbst wenn die Politik einige etablierte Positionen ändert, sieht sich die Bank in ihren bisherigen Handlungsmaximen bestätigt. Ihre Einstellung und Umsetzung sozialer und ökologischer Verantwortung möchte sie sogar noch weiter ausbauen. Damit sie und ihre Kunden der diakonischen Einrichtungen dafür den dringend notwendigen Handlungsrahmen erhalten, hat sie sich mit einem offenen Brief an die EU-Kommission gewandt. Darin fordert sie, nach der grünen nun auch die soziale Taxonomie zügig auf den Weg zu bringen – als klare Richtlinie für künftige ethisch-nachhaltige Finanzströme und als Chance für die Sozialwirtschaft, die drastischen Folgen des Krieges zu mildern.

„Die EU-Verordnung für eine soziale Taxonomie ist seit Ausbruch des Krieges leider immer weiter in den Hintergrund geraten“, nennt Dr. Ekkehard Thiesler, Vorstandsvorsitzender KD-Bank, als Anlass für den Ende Mai nach Brüssel versendeten offenen Brief, den Kunden aus Kirche und Diakonie unterstützen. Die Politik setze gerade andere Prioritäten. Hinzu komme, dass sich die grüne Taxonomie für alle Investoren als äußerst anspruchsvoll in der Umsetzung erweise – und dass, obwohl sich die Verordnung bislang lediglich auf zwei Handlungsfelder beschränke: auf wirtschaftliche Aktivitäten zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel.

Konsequente Abkehr von fossilen Energieträgern

"Aber die grüne Taxonomie ist immerhin in Kraft. Sie bestätigt und stärkt die KD-Bank hinsichtlich ihrer ökologischen Verantwortung und dem dahinterstehenden Auftrag, die Schöpfung zu wahren“, stellt Thiesler fest. Als Beleg für dieses ökologische Verantwortungsbewusstsein verweist er auf den Nachhaltigkeitsfilter der Bank. Er dient seit 2008 dazu, ihren verantwortungsbewussten Umgang mit den Vermögenswerten der Mitglieder und Kunden zu systematisieren und zu dokumentieren.

In seiner aktuellen Auflage aus dem Jahr 2018 finden sich verschärfte Ausschlusskriterien für Unternehmen, die im Kerngeschäft Erdöl und Erdgas fördern und verarbeiten. „Die KD-Bank bleibt auf dem von ihr eingeschlagenen Weg: Wir fordern und fördern seit langem eine Abkehr von fossilen, hin zu erneuerbaren Energieträgern. Das galt für uns vor Beginn des Krieges und gilt auch weiterhin. Die Politik sollte diesen Prozess sogar noch stärker unterstützen“, fordert Thiesler. Der durch die Öl- und Gasverknappung entfachten Diskussion pro Atomkraft erteilt er eine klare Absage: „Noch immer ist das Problem der Endlagerung nicht gelöst. Folglich bleiben wir auch dabei, Atomenergie als investierbar auszuschließen.“

Dringenden Handlungsbedarf sieht der Bankvorstand hinsichtlich der sozialen Folgen des Krieges. Zu diesen zählen die absehbar anschwellenden Flüchtlingsströme und die damit verknüpfte Herausforderung, die Geflüchteten unterzubringen, zu versorgen und gesellschaftlich einzubinden. Hierfür könne eine soziale Taxonomie die notwendigen Strukturen schaffen, ist er überzeugt. Der Abschlussbericht der Platform on Sustainable Finance der EU vom 28. Februar weise bereits in die richtige Richtung.

Sozial und grün adäquat gewichten

Die im Bericht formulierten „sozialen“ Ziele betreffen Investitionen, mit denen sich menschenwürdige Arbeitsbedingungen, ein angemessener Lebensstandard und Schutz für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie integrative und nachhaltige Gemeinschaften und Gesellschaften positiv beeinflussen lassen. Die Ziele wurden auf Basis verschiedener international oder europäisch vereinbarter Normen erarbeitet. Sie berücksichtigen die Menschenrechtscharta, die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG). Eingeflossen ist auch die Europäische Säule sozialer Rechte mit sechs Handlungsfeldern.

Diese will die KD-Bank als „sozial nachhaltig“ klassifizieren lassen. Zu den Handlungsfeldern gehören das Recht auf Bildung, Ausbildung, lebenslanges Lernen und eine Gesundheitsversorgung, die Eingliederung von Menschen mit Behinderungen, die Unterbringung und Unterstützung von Obdachlosen sowie der Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen.

„Der Sozialwirtschaft, die diese Rechte und das Wohl der Menschen in den Mittelpunkt rückt, muss ein adäquat hoher Stellenwert wie wirtschaftlichen Aktivitäten zu Klimaschutz und -anpassung eingeräumt werden", konkretisiert Thiesler die Forderung der KD-Bank nach einer die grüne Taxonomie ergänzenden sozialen Taxonomie. Die soziale Taxonomie dürfe nicht aufgeschoben oder sogar aufgegeben werden. Andernfalls würden Fördermittel, Zinsreduzierungen und Eigenkapitalerleichterungen für Banken lediglich der Umsetzung der grünen Taxonomie zugutekommen. „Weil jeder Euro aber nur einmal ausgegeben werden kann, wollen wir gemeinsam mit unseren Unterstützern, zu denen u. a. große evangelische Landeskirchen, die Diakonie Deutschland, der Verband der diakonischen Dienstgeber in Deutschland, Brot für die Welt, die Kindernothilfe und bedeutende diakonische Einrichtungen gehören, erreichen, dass Investitionen in ein Krankenhaus oder eine Obdachloseneinrichtung nicht schlechter gestellt werden als Investitionen in die Klimaanpassung eines Stahl- oder Zementwerks“, argumentiert der Wirtschaftswissenschaftler.

Die Sozialwirtschaft nicht allein lassen

Ohne eine soziale Taxonomie fehle den Investoren und Unternehmen eine klare Richtline, was als „sozial" zu verstehen ist. Dadurch sei es nicht möglich, ihre Investitionen und Aktivitäten in den Bereichen zugängliche Gesundheitsversorgung, sozialer Wohnungsbau, soziale Dienstleistungen, Menschen- und Arbeitnehmerrechte als nachhaltig zu klassifizieren. „Es reicht nicht aus, dass die Sozialwirtschaft bei allen diesen Aufgaben auf sich allein gestellt ist, auch wenn sie Großartiges leistet – selbst unter erschwerten Rahmenbedingungen, beispielsweise angesichts der Flüchtlingswelle im Jahr 2015“, sagt der Bankvorstand.

In den im Abschlussberichts zur sozialen Taxonomie formulierten Handlungsfeldern ist die KD-Bank längst aktiv: im Sinne menschenwürdiger Arbeitsbedingungen im Rahmen ihrer Kapitalanlagen; beim avisierten angemessenen Lebensstandard und dem Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher durch ihr Kreditgeschäft, das kirchlichen Institutionen den Bau und Betrieb von Pflegeheimen, Krankenhäusern, Kindertagesstätten, inklusiven Wohnkonzepten etc. ermöglicht. Im vergangenen Jahr vergab sie allein für deren Projekte im Bereich „Bezahlbarer Wohnraum“ neue Kredite in Höhe von rund 116 Millionen Euro, für Bildungszwecke weitere rund 111 Millionen und für Vorhaben im Sinne einer höheren „Lebensqualität im Alter“ knapp 99 Millionen Euro. Als Genossenschaftsbank leistet die KD-Bank zudem einen Beitrag zur Grundversorgung, indem sie einen flächendeckenden Zugang zu Kontodienstleistungen und Krediten bietet.

Der Ukrainekrieg bestärke die KD-Bank, an ihrer Position zu den ökologischen und sozialen Herausforderungen nicht nur festzuhalten, sondern sich auch für einen größeren Handlungsspielraum auf EU-Ebene einsetzen. „Auch wenn die Gesellschaft noch viel umsetzen muss, ist sie bei der grünen Taxonomie schon weitergekommen. Was ihr allerdings fehlt, ist ein Regelwerk, wie wir mit den sozialen Herausforderungen künftig umgehen. Angesichts der Kriegsfolgen brauchen wir die soziale Taxonomie sogar zeitnah“, fordert Thiesler.

Unterstützer

Pressefoto

Pressemitteilung

© Nadine Malzkorn/KD-Bank

Interessante Themen

Über die Bank

Kennen Sie die Bank für Kirche und Diakonie? Unsere Imagebroschüre sowie Zahlen und Fakten finden Sie hier.

mehr