Domnitz. Einen nicht ganz alltäglichen Ausblick konnten Brigitte Andrae und Ilona Pollach genießen. Die Präsidentin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) und die Vorständin der Bank für Kirche und Diakonie trafen sich, um zwischen Magdeburg und Halle Windkraft in 150 Meter Höhe zu erleben. Der EKM-StromVerbund hat hier investiert, um zukünftig den gesamten Energieverbrauch in der EKM regenerativ zu erzeugen.
In luftigen Höhen
Windpark der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland
Die EKM hat rund 750.000 Mitglieder in mehr als 3.000 Kirchengemeinden und 37 Kirchenkreisen. Sie ist im Jahr 2009 entstanden durch den Zusammenschluss der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen. Die begrenzten finanziellen und personellen Mittel der ehemaligen beiden Nachbarkirchen sind damit gebündelt. Die EKM hat ihren Bischofssitz in Magdeburg. In Erfurt befindet sich das Landeskirchenamt, geleitet von dem Kollegium. Die Vereinigung der beiden ehemaligen Landeskirchen zur Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland ist aber nicht nur unter Sparzwängen erfolgt. Vielmehr geht es darum, auf die Menschen in der Region zuzugehen, für sie da zu sein. Das geht besser mit stabilen Strukturen und einer Landeskirche, die für die Kirchengemeinden und Kirchenkreise vor Ort einen verlässlichen Service bieten kann.
Spätestens seit der Nuklearkatastrophe in Fukushima im Jahr 2011 stand für die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) fest: Regenerative Energien sollen zukünftig den eigenen Energiebedarf decken. „Wir hatten zu diesem Zeitpunkt bereits viele Erfahrungen mit Windenergie gesammelt, seit 1996 stehen Anlagen auf kircheneigenem Grund“, erläutert Diethard Brandt, Leiter des Referats für Grundstücke, „bis heute sind es übrigens rund 140, Betreiber waren jedoch zunächst ausschließlich Dritte.“
Die EKM beschloss, selbst Betreiber zu werden. „Unser Ansatz war es von Beginn an, von den kircheneigenen Grundstücken her zu denken“, erläutert Thomas Wick, zuständig für Landwirtschaft und Energie im Referat Grundstücke. „Wir beachten zunächst die vorgegebene Bebauungsplanung, dann mögliche Pachtverträge und Vegetationszeiträume.“ Wichtig sei es auch, die Kirchengemeinden vor Ort einzubinden und mitzunehmen.
Ein Rad versorgt 2.000 Haushalte
2012/2013 gingen zwei Windkraftanlagen bei Domnitz in Betrieb und eine weitere bei Hochheim, nahe Sömmerda. Diese drei Räder decken bereits rund 40 % des Energiebedarfs der EKM mit ihren Kirchenkreisen und Kirchengemeinden in Höhe von rund 33 Mio. Kilowattstunden pro Jahr ab. Zum Vergleich: Das größere Rad (E 101 von Enercon) produziert rund 8 Mio. Kilowattstunden pro Jahr und könnte somit rund 2.000 vierköpfige Haushalte mit Strom versorgen.
Tochter gegründet
Um diese Anlagen zu betreiben, hat das Kollegium des Landeskirchenamts die Gründung des EKM-StromVerbunds als 100%ige Tochter der Landeskirche beschlossen. „Dies bietet zum einen natürlich Haftungssicherheit für alle Beteiligten, macht eine professionelle und vorsichtige Planung aber um so wichtiger“, gibt Wick zu bedenken. Deshalb hat der EKM-StromVerbund von Anfang an mit erfahrenen und spezialisierten Planungsbüros zusammengearbeitet und auf konservative Schätzungen in Bezug auf den möglichen Windertrag gesetzt. Um die jeweilige Erwartung vor Ort einzuschätzen, haben nach Möglichkeit immer mehrere Gutachter ihre Prognose abgegeben. Wichtig ist auch, die erheblichen Wartungskosten, von 2,5 % bis 4 % der Investitionskosten zu berücksichtigen und den Rückbau durch Bürgschaften sicherzustellen.
Die Bank für Kirche und Diakonie hat knapp 4,8 Mio. Euro finanziert, der Eigenanteil stammt aus dem Grundvermögensfonds der EKM. Frieder Neidhold, Direktor Region Süd-Ost: „Als Bank für Kirche und Diakonie freuen wir uns, dass wir neben den vielen sozialen Projekten, vom Kindergarten bis zum Altenheim, auch ein ökologisches Projekt finanzieren konnten“.
Wirtschaftlichkeit stimmt
Seit Ende 2016 gibt es drei neue Anlagen, sowohl an bestehenden als auch an neu ausgewiesenen Standorten in Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Thüringen. So erzielt der EKM-StromVerbund eine Streuung. Nicht nur die ökologische Dimension der Windkraftanlagen kann sich sehen lassen, die am EKM-StromVerbund beteiligten kirchlichen Institutionen erhalten 6 % Rendite auf das hinterlegte Eigenkapital – eine unternehmerische Investition, die bislang aufgeht.
Zukunftspläne und Angebot zur Kooperation
Trotz der rückläufigen öffentlichen Förderung für regenerative Energien hat die EKM weitere Pläne: Sie will weiter investieren und sogar Energieanbieter in Mitteldeutschland werden.
„Wir freuen uns, wenn andere Landeskirchen und Kirchengemeinden unserem Beispiel folgen und von unseren Erfahrungen profitieren. Interessierte laden wir herzlich ein, uns anzusprechen“, bietet Brandt an.