Bei Pflegebedürftigkeit denken viele an hochbetagte Menschen. Doch auch Hunderttausende jüngere Menschen unterhalb des Rentenalters sind auf die Hilfe anderer angewiesen. Die Stiftung Diakonissenhaus Friedenshort baut in Freudenberg einen Neubau für 80 Pflegedürftige. Das über die KD-Bank finanzierte Bauvorhaben beherbergt auch eine Wohngemeinschaft für Junge Pflege.
Mitten im Leben
Neubau für 80 Pflegebedürftige der Stiftung Diakonissenhaus Friedenshort
Ein Sturz vom Baugerüst, ein Motorradunfall, ein Schlaganfall: Von einem Tag auf den anderen können auch jüngere Menschen dauerhaft auf die Hilfe anderer angewiesen sein. Menschen, die noch tags zuvor mitten im Leben standen, aktiv und unternehmenslustig waren; nennen wir sie hier mal Tobias, Hannah, Andreas und Dorothee.
Betreuungsplätze für diese Personengruppe sind rar, werden aber dringend benötigt – zum einen, weil die Eltern der Betroffenen die Pflege meist nicht selbst übernehmen können, da sie dies körperlich überfordert; zum anderen, weil sich Betroffene und Angehörige ein Lebensumfeld wünschen, dass auf „jüngere“ Bedürfnisse zugeschnitten ist. Ein konventionelles Altenheim käme für Tobias, Hannah, Andreas und Dorothee deshalb eher nicht infrage.
Ein neues Angebot der Stiftung Diakonissenhaus Friedenshort (kurz: Friedenshort) soll die große Versorgungslücke wenigstens ansatzweise füllen. Im südwestfälischen Freudenberg erweitert sie ihre bisherigen Angebote in der Kinder-, Jugend- und Altenhilfe durch einen dreiteiligen Neubau – mit acht Wohngruppen à 10 Plätzen für ganz unterschiedliche Betreuungsbedarfe. Auch die Wohngemeinschaft, die Pflegebedürftige unter 65 Jahren aufnehmen wird, soll bis zum Jahreswechsel 2023/24 bezugsfertig sein. Sie ist – wie die anderen Wohngruppen des Neubaus – speziell auf die Bedürfnisse ihrer künftigen Bewohnerinnen und Bewohnern zugeschnitten.
Doch was genau erwarten Menschen wie Tobias, Hannah, Andreas und Dorothee von einer altersadäquaten Betreuung und wie hat der Friedenshort diese Erwartungen berücksichtigt? Im jüngeren Alter mögen es die meisten, wenn immer mal „richtig was los“ ist. Die Wohngemeinschaft für Junge Pflege liegt zentral im dreiteiligen Gebäudekomplex, genau dort, wo sich viele Wege der Bewohnerinnen und Bewohnern und deren Besuch kreuzen. Außer den 10 Plätzen für Jüngere, gibt es im Neubau 10 für Kurzzeit-, 40 für Langzeitpflege und weitere 20 für demenziell Erkrankte.
Alle acht Wohngemeinschaften haben eine eigene Wohnküche. Das Personal des Friedenshortes kann somit auch auf die Essensgewohnheiten und altersgemäßen Wünsche genauer eingehen. Während sich die Wohngruppe der „Jungen“ künftig vermutlich eher „ruhig mal tüchtig Chili“ wünscht, wird die Nachbar-Wohngruppe vielleicht häufiger „Süßspeisen“ ordern.
Jüngere Menschen legen auf ihre Teilnahme an geselligen und kulturellen Events oft besonders großen Wert. Dabei sein, lautet das Motto. Tobias, Hannah, Andreas und Dorothee oder wie die künftigen Bewohnerinnen und Bewohner der Jungen Pflege im Friedenshort heißen mögen, brauchen darauf nicht zu verzichten. Per Kleinbus lässt sich schnell die nur einen Kilometer entfernte Altstadt von Freudenberg erreichen, um ein Café oder ein Konzert zu besuchen.
Keine Frage des Alters ist hingegen das Bedürfnis fester Bezugspersonen. Auch das hat der Friedenshort konzeptionell berücksichtigt: Die Betreuungsteams mit Pflege-, Reinigungs-, Hauswirtschaftsfachkräften etc. werden jeweils einer bestimmten Wohngruppe zugeordnet und stimmen sich für alle Aufgaben eng miteinander ab. So können spezielle Wünsche und Bedürfnisse besser berücksichtigt und umgesetzt werden, außerdem wächst die Wohn- und Betreuungsgemeinschaft idealerweise eng zusammen.
Der nahe Wald und die geplanten Grünflächen – darunter ein Garten, der alle Sinne anspricht – soll einmal alters- und pflegebedarfsübergreifend allen Freude machen, nicht zuletzt dem Besuch der Bewohnerinnen und Bewohner. Letzteres trägt zudem dem Anspruch des Baukonzepts Rechnung, die große neue Wohnanlage zu einem Ort der Begegnung mit der Bevölkerung zu machen.
Das Thema Nachhaltigkeit liegt längst allen Generationen am Herzen. Der Friedenshort hat auch beim Neubau in Freudenberg das Schonen von Ressourcen aller Art im Fokus. Mittels Geothermie und einer eigenen Photovoltaikanlage werden alle Gebäudeteile mit Strom und Wärme versorgt. Angesichts der explodierenden Energiepreise erweist sich diese Entscheidung schon heute als sowohl ökologisch als auch ökonomisch stimmig. Bei der Auswahl des Baumaterials und der Ausstattung wurde auf langlebige, nachhaltig hergestellte oder verarbeitete Rohstoffe wert gelegt.
Ob infolge eines Unfalls, Traumatas oder ernsten Erkrankung: das Bedürfnis nach einer alters- und bedarfsorientierten Betreuung ist keine Frage des Alters. Dass junge und ältere Pflegebedürftige in einem Umfeld mit besonderem Sinn für ein enges, vertrauensvolles Miteinander und Respekt für die Schöpfung ein Zuhause finden, ist das Verdienst der Investitionsbereitschaft des Friedenshortes.
Vanessa Thiel, Betreuerin
„Das gesellschaftlich so wichtige Projekt in Freudenberg hat die KD-Bank gerne mit einem individuellen Finanzierungskonzept unterstützt. Ein wichtiges Element waren darin die KfW-Fördermittel für den Gebäudeeffizienzstandard 55. Den Antrag haben der Kunde und wir gerade noch rechtzeitig gestellt. Die KfW teilte uns Anfang Januar 2022 mit, dass er genehmigt ist. Drei Wochen später lief diese konkrete Förderung aus“, sagt die für das Projekt bei der KD-Bank zuständige Betreuerin Vanessa Thiel.
Das Gros der Investitionssumme ist über zwei Darlehen abgedeckt. „In gut einem Jahr wollen wir ein Gebäude eröffnen, das auf die Zukunft ausgerichtet – also im besten Sinne nachhaltig – ist, indem es auch die Bedürfnisse künftiger Generationen berücksichtigt. Deshalb sind die Zimmer etwas größer als derzeit vorgeschrieben, was wir über Eigenmittel finanzieren“, sagt Götz-Tilman Hadem, Kaufmännische Leitung und Vorstand Friedenshort.