EU-Taxonomie

EU-Taxonomie – Was ist das?

Die EU-Taxonomie ist ein Klassifizierungsinstrument, bei dem es darum geht, bestimmte Aktivitäten von Unternehmen einzuordnen und zwar hauptsächlich, ob diese Unternehmen einen "grünen" Beitrag leisten oder nicht. Anhand dieses Leitfadens sollen Investoren einschätzen können, ob ein Unternehmen, in das sie investieren wollen, nachhaltig arbeitet. Eine Kommission der EU hat dafür klare Kritierien festgelegt mit sehr genauen Messgrößen.

Hauptdiskussionspunkt ist, ob Aktivitäten, die mit Gas- und Atomenergie zusammenhängen, ebenfalls als "grün" einzustufen sind. Diese Bereiche hatte die EU-Kommission erst zum Ende des vergangenen Jahres in ihren Entwurf aufgenommen.

Die EU-Taxonomie ist ein Bestandteil des im März 2018 vorgestellten „Aktionsplans zur Finanzierung von nachhaltigem Wachstum“. Den entsprechenden Rechtsakt hatte die EU-Kommission im vergangenen Jahr vorgestellt.

Offener Brief an EU-Kommission

Zwingen der Krieg und seine Folgen zum Umdenken, zum Beispiel bei der Energieversorgung, oder bewährt sich gerade jetzt eine werteorientierte Grundhaltung? Für die Bank für Kirche und Diakonie (KD-Bank) steht die Antwort fest. Selbst wenn die Politik einige etablierte Positionen ändert, sieht sich die Bank in ihren bisherigen Handlungsmaximen bestätigt. Ihre Einstellung und Umsetzung sozialer und ökologischer Verantwortung möchte sie sogar noch weiter ausbauen. Damit sie und ihre Kunden der diakonischen Einrichtungen dafür den dringend notwendigen Handlungsrahmen erhalten, hat sie sich mit einem offenen Brief an die EU-Kommission gewandt. Darin fordert sie, nach der grünen nun auch die soziale Taxonomie zügig auf den Weg zu bringen – als klare Richtlinie für künftige ethisch-nachhaltige Finanzströme und als Chance für die Sozialwirtschaft, die drastischen Folgen des Krieges zu mildern.

Zum offenen Brief

Adressaten des Engagements:

  • Präsidentin der Europäischen Kommission, Frau Dr. Ursula von der Leyen
  • Kommissarin für Finanzdienstleistungen, Finanzstabilität und Kapitalmarktunion in der Europäischen Kommission, Frau Mairead McGuinness
  • Generaldirektion Financial Stability, Financial Services and Capital Markets Union (FISMA) bei der Europäischen Kommission, Herr Direktor Marcel Haag
  • Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte bei der Europäischen Kommission, Herr Nicolas Schmit

Sehr geehrte Damen und Herren,

die EU-Taxonomie-Verordnung vom Juli 2021 ist für Investoren eine klare Orientierung, welche wirtschaftlichen Aktivitäten zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel beitragen. Als ethisch-nachhaltige Investoren werden wir uns daran ausrichten und unseren Beitrag zur Erreichung der Ziele des Pariser Klimaabkommens leisten. Wir danken Ihnen für Ihr Engagement und diesen wegweisenden Schritt.

Heute wenden wir uns an Sie, weil wir als ethisch-nachhaltige Investoren und Akteure der Sozialwirtschaft der Auffassung sind, dass die EU-Taxonomie-Verordnung dringend einer Ergänzung durch die soziale Perspektive bedarf. Vor diesem Hintergrund unterstützen wir den Vorschlag, den die Arbeitsgruppe der EU-Plattform on Sustainable Finance am 28. Februar 2022 in ihrem Abschlussbericht vorgelegt hat.

Als ethisch-nachhaltige Investoren halten wir es für wichtig, dass zukünftig auch wirtschaftliche Aktivitäten, die im Aktionsplan für die soziale Säule der EU als Themenfelder identifiziert wurden, als nachhaltig und taxonomiekonform klassifiziert werden können. Insbesondere geht es uns um Investitionen, mit denen wir nachweislich einen angemessenen Lebensstandard, den Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern und die Teilhabe/Inklusion an der wirtschaftlichen Infrastruktur und dem gesellschaftlichen Leben positiv beeinflussen. Die Sozialwirtschaft, die häufig nicht die Gewinnerzielung, sondern das Wohl der Menschen in den Mittelpunkt ihres Handelns stellt, muss nach unserer Überzeugung einen gleich hohen Stellenwert genießen wie wirtschaftliche Aktivitäten zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung. Auf ein konkretes Beispiel bezogen fordern wir, dass Investitionen in ein Krankenhaus oder in eine Obdachloseneinrichtung nicht schlechter gestellt werden dürfen als Investitionen in die Klimaanpassung eines Stahl- oder Zementwerks.

Als Beispiele für Themenfelder aus dem Aktionsplan der EU für die soziale Säule, die nach unserer Auffassung unbedingt als nachhaltige und taxonomiekonforme Aktivitäten zu klassifizieren sind, können wir Ihnen folgende Bereiche nennen:

  • Bildung, Ausbildung und lebenslanges Lernen, insbesondere zur Gewährleistung eines gerechten grünen und digitalen Übergangs
  • Gesundheitsversorgung, insbesondere erschwingliche und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung in unterversorgten Regionen
  • Eingliederung von Menschen mit Behinderungen, insbesondere durch innovative Produkte und Dienstleistungen
  • Langzeitpflege, insbesondere erschwingliche und hochwertige Pflege in unterversorgten Regionen
  • Unterbringung und Unterstützung von Obdachlosen, insbesondere in Gebieten, in denen die Mieten in den letzten Jahren stark gestiegen sind
  • Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie digitaler Kommunikation und öffentlichem Verkehr in unterversorgten Regionen


Die von der EU-Plattform on Sustainable Finance skizzierte soziale Taxonomie beinhaltet diese Aspekte und kann eine gute Grundlage für die Ergänzung der grünen EU-Taxonomie sein. Dass in diesem Zusammenhang auch ein guter und menschenwürdiger Umgang mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern (Decent Work) sichergestellt werden soll, halten wir ebenfalls für wichtig und unterstützenswert.

Als ethisch-nachhaltige Kapitalanleger aus dem kirchlich-diakonischen Bereich setzen wir seit vielen Jahren Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien (ESG) in unseren Strategien um. Daher wollen wir die sozialen Wirtschaftsaktivitäten in unseren Portfolios und bei der Kreditvergabe ebenso berücksichtigen wie ökologische Werte. Ohne eine soziale Taxonomie fehlt uns eine klare Leitlinie dafür, was als „sozial" zu klassifizieren ist. Perspektivisch sehen wir sogar erschwerte Finanzierungsbedingungen für die Sozialwirtschaft. Daher bitten wir Sie dringend, sich für eine Vervollständigung der EU-Taxonomie einzusetzen.

Freundliche Grüße
Ihre Bank für Kirche und Diakonie

Dr. Ekkehard Thiesler (Vorstandsvorsitzender) und Christian Müller (Prokurist/Nachhaltigkeitsbeauftragter)

Positionierung zu Atomgas und Erdgas

Die EU-Kommission hat in einem zusätzlichen Rechtsakt unter bestimmten Voraussetzungen Gaskraftwerke und Atomkraftwerke als nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten eingestuft. Die Finanzierung der Instandhaltung bestehender Gas- und Atomkraftwerke sowie die Errichtung von Kraftwerken einer neuen Generation sollen damit begünstigt werden.

  • Unsere Forderung: Atomkraft und Erdgas sind für die KD-Bank keine nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten! Die Bank für Kirche und Diakonie lehnt dies aus den folgenden Gründen ab: Wir akzeptieren Gaskraftwerke als Brückentechnologie und halten es durchaus für sinnvoll, bestehende Anlagen zu optimieren. Durch die Klassifikation als nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten und die Förderung, die dadurch angestoßen wird, entstehen aber nach unserer Einschätzung falsche Signale an die Industrie und Fehlsteuerungen, die zu Lasten des Ausbaus erneuerbarer Energien und der dringend erforderlichen Infrastruktur gehen.
  • Bei der Einstufung der Atomenergie bemängeln wir, dass die Risiken und die Auswirkungen auf die folgenden Generationen erheblich sind und die Kosten unterschätzt werden. So ist zum Beispiel die Frage der Endlagerung des radioaktiven Materials nach einem halben Jahrhundert, die Atomkraftwerke in Deutschland in Betrieb sind, noch nicht einmal ansatzweise geklärt. Erst im Jahr 2031 soll feststehen, wo das Endlager für unseren Atommüll entstehen soll.
  • Mit der so genannten Taxonomie definiert die EU-Kommission die Wirtschaftsaktivitäten, die bei der Gestaltung von Finanzinstrumenten als nachhaltig klassifiziert werden dürfen. Anleger, die sich auf die EU-Taxonomie verlassen, können künftig in Atomkraft investieren und den CO2-intensiven Verbrauch von fossilen Brennstoffen, der in Gaskraftwerken entsteht, finanzieren.
  • Unsere ethisch-nachhaltige Anlagestrategie folgt der Überzeugung, dass Investitionen in regenerative Energien und in den Aufbau der entsprechenden Infrastruktur sinnvoll und nachhaltig sind. Deshalb haben wir unsere Strategie zum Umgang mit Wirtschaftsaktivitäten in den Bereichen Atomkraft und Erdgas im Rahmen des KD-Nachhaltigkeitsfilters klar formuliert. So verstehen wir Gaskraft als Brückentechnologie, die wir aktuell untergewichten, und in die wir langfristig nicht neu investieren wollen. Atomkraft sehen wir dagegen als Form der Energiegewinnung an, für die wir Ausschlusskriterien formuliert haben. Aktien von Energieunternehmen, die große Atomanlagen in Europa betreiben, wie die französische EDF, die tschechische CEZ, die spanische Endesa oder die deutsche RWE, schließen wir aus diesem Grund aus.
  • Unser Engagement für eine ambitionierte Nachhaltigkeit: Es braucht mehr Ökologie, strengere soziale Kriterien und gute Unternehmensrichtlinien in der EU-Taxonomie. Wir werden uns weiterhin - u.a. über den Arbeitskreis kirchlicher Investoren (AKI) und über unseren Kapitalmarktpartner Union Investment - für eine ambitionierte Nachhaltigkeit einsetzen. Kundinnen und Kunden können sich sicher sein, mit der Bank für Kirche und Diakonie eine Partnerin zu haben, die ambitionierte Nachhaltigkeitsziele verfolgt.

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